Halver - Dem Wissen und Einschreiten der Halveranerin Anna vom Heede verdankt ein 59-jähriger Lkw-Fahrer aus Stolberg sein Leben. Nachdem er, nach ersten Erkenntnissen der Autobahnpolizei, einen Herzinfarkt erlitten hatte und in den Gegenverkehr gesteuert war, reanimierte ihn die Auszubildende auf der Straße und versuchte, seinen Gesundheitszustand bis zum Eintreffen der Rettungskräfte stabil zu halten.
Die 22-jährige Oberfeuerwehrfrau und Rettungssanitäterin war am Freitag, 20. Januar, gegen 12 Uhr auf der A 46 in Fahrtrichtung Hagen unterwegs, als in der Baustelle im Bereich der Ausfahrt Hohenlimburg ein Lkw drei Fahrzeuge vor ihr einige Schlenker fuhr. „Ich habe ehrlich gesagt gedacht, der Fahrer schläft und wacht von alleine wieder auf“, erinnert sich vom Heede. Nachdem der Lkw mehrere kleine Kurven gefahren war, durchbrach er schließlich die Leitplanke und kam auf der Fahrbahn des Gegenverkehrs zum Stehen. „Dass dabei kein anderes Fahrzeug beschädigt wurde, war großes Glück“, betont vom Heede.
Als sie gesehen habe, dass der Fahrer des LKW bewusstlos hinter dem Lenkrad saß, sei sie sofort zur Hilfe geeilt. „Das ist für mich eine Selbstverständlichkeit“, sagt sie. Glücklicherweise sei der Mann angeschnallt gewesen, sonst wäre er beim Öffnen der Fahrertür aus dem Fahrerhaus gefallen, wie vom Heede erzählt. „Mein erster Gedanke, als ich den Mann gesehen habe, war ,Der muss aus dem Fahrzeug raus‘. Das habe ich dann auch gerufen, aber es hat niemand darauf reagiert“, sagt sie. Erst als sie „Hilfe“ gerufen habe, seien Menschen gekommen, um sie zu unterstützen.
Sechs Menschen an Rettung beteiligt
„Wir waren schließlich zu sechst“, erzählt sie. Ein Mann habe den Notruf gewählt, eine Frau sei ins Fahrerhaus geklettert, um den Mann abzuschnallen. „Zwei junge Männer haben geholfen, ihn auf eine Decke zu legen“, erzählt vom Heede und fügt hinzu, dass sie später auch eine Decke gehalten hätten, um den Mann vor neugierigen Blicken zu schützen – und so weitere Unfälle zu vermeiden. „Als ich nach der Decke gefragt habe, sagten alle sie hätten keine dabei. Dass jeder Fahrer in seinem Erste-Hilfe-Koffer eine haben sollte, fiel in diesem Moment keinem ein“, erinnert sich vom Heede an die Reaktionen. Beim Beatmen half schließlich eine Medizinstudentin, während vom Heede mit der Herzdruckmassage begann. „Der Mann hat schnell wieder zu atmen begonnen“, erzählt sie erleichtert.
Wie es dem Lkw-Fahrer momentan gehe, kann vom Heede nicht genau sagen. „Ich erkundige mich immer bei einem Bekannten nach ihm und weiß, dass er wach ist und es ihm besser geht“, sagt sie. Der Sohn des Fahrers habe außerdem versucht, Kontakt zu ihr aufzunehmen, um sich zu bedanken.
Dass sie in einer Unfallsituation nach Plan vorgehen kann, mag durch das regelmäßigen Reanimationstraining kommen. Anna vom Heede absolviert es durch ihre Mitgliedschaft im DRK-Ortsverband Wipperfürth und beim Löschzug Buschhausen der Freiwilligen Feuerwehr Halver, wo sie seit etwa vier Jahren tätig ist.
„Aber auch für mich war es das erste Mal. Beim DRK passiert es ab und zu, dass jemand in Ohnmacht fällt, aber jemandem das Leben retten, musste ich vorher noch nie“, erzählt vom Heede. „Wenn ich privat unterwegs bin und ein Unfall passiert, ist es außerdem noch eine völlig andere Situation. Bei einem Einsatz kann man sich wenigstens darauf vorbereiten“, fügt sie hinzu.
Erste-Hilfe-Kurs auffrischen
Zu wissen, dass sie trotz aufreibender Umstände noch „funktioniere“, ist für vom Heede von großer Bedeutung. „All die Erste-Hilfe-Kurse und Übungen, die ich gemacht habe sind nur theoretisch und können einen nicht vollständig auf den Ernstfall vorbereiten. Daher ist es wichtig für mich zu wissen, wie ich bei einem Unfall reagiere“, erklärt vom Heede. Insofern war der Vorfall eine wertvolle Erfahrung für die Oberfeuerwehrfrau.
Dass Erste-Hilfe-Kurse regelmäßig aufgefrischt werden sollten, findet vom Heede dennoch. „Viele der Menschen, die helfen wollten, aber nicht wussten wie, sagten mir später, dass ihr letzter Kurs der für den Führerschein war. Bei manchen liegt der allerdings schon einige Jahre zurück, sodass sie sich nicht mehr an den genauen Ablauf erinnern. Außerdem ändern sich einige Vorgaben auch. Früher hieß es, man solle 15 Mal drücken und zwei Mal beatmen, heute sind es 30 Mal“, erklärt sie. Auch wer den Kurs nicht wiederholen wolle, könne sich trotzdem alte Unterlagen anschauen. „Von mir aus kann man es auch im Internet suchen, aber man sollte den grundsätzlichen Ablauf kennen“, fügt sie hinzu.
Für Menschen, die in eine ähnliche Situation geraten, hat vom Heede einige Tipps, möglichst ruhig zu bleiben. „Man sollte vorher ein paar Mal tief Luft holen und dann eine gewisse Struktur einhalten. Dabei gilt: den Mensch ansprechen und ihn berühren, um zu sehen, ob er reagiert. Anschließend sollte man direkt den Notruf wählen. Damit hat man das wichtigste erledigt. Wenn nötig, wird nun die Reanimation begonnen. Dafür gibt es mittlerweile auch Masken zu kaufen, damit sich die Münder bei der Beatmung nicht berühren. So etwas kann man im Auto aufbewahren“, erläutert vom Heede. „Man sollte sich auf jeden Fall mit der Situation abfinden. Der Unfall ist passiert, und danach kann man nur noch helfen“, fügt sie hinzu. Angst, dass man den Menschen verletzt, sollte man nicht haben, sagt sie. „Es kann gut sein, dass ich dem Mann einige Rippen gebrochen habe, aber dafür lebt er noch“, sagt die Feuerwehrfrau im Rückblick.
Großen Respekt hat sie vor den Helfern, die trotz des Schocks zur Rettung des Mannes beigetragen haben. „Alleine hätte ich ihn nicht einmal aus dem Fahrzeug bekommen“, sagt sie.